Autor/in nicht angegeben, (2008) Die Darstellung und das Verhältnis der Geschlechter in ausgewählten Romanen von Elfriede Jelinek, Marlene Streeruwitz und Sibylle Berg. ["eprint_fieldopt_thesis_type_bachelor" not defined], Universität Oldenburg.

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Abstract

In dieser Arbeit, die auf der Erkenntnis des Konstruktionscharakters von ,Geschlecht’ aufbaut, wird nicht wie in der so genannten „feministischen Literaturwissenschaft“ Partei für das weibliche Geschlecht ergriffen. Die Analyse-Kategorie ,Geschlecht’, im Sinne von „soziales Rollenmuster“ umgreift hier, wie es Jutta Osinski als Merkmal einer gender-orientierten Literaturwissenschaft hervorhebt , auch literarisch vermittelte Männerbilder. Außerdem wird das in den Werken dargestellte Verhältnis zwischen den Geschlechtern in den Blick genommen. Es wird auch nicht, wie in den so genannten „literaturwissenschaftlichen Gender Studies“ , untersucht, wie soziokulturelle Zuschreibungen literarische Texte beeinflussen , sondern vielmehr, wie literarisch mit diesen Geschlechterkonstruktionen umgegangen wird. Untersucht werden Elfriede Jelineks Werk „Lust“ , Marlene Streeruwitz’ „Verführungen.“ und Sibylle Bergs „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“ . Das Ziel dieser Arbeit ist es, die jeweiligen literarischen Umgangsweisen der Texte mit soziokulturell konstruierten Geschlechterbildern herauszuarbeiten, sie miteinander zu vergleichen und die Unterschiede herauszustellen. Jelinek und Streeruwitz kritisieren beide die sprachlichen, sexuellen und ökonomischen Herrschaftsverhältnissen des Patriarchats und die dadurch bestehende untrennbare Verbindung des Privaten von Liebesbeziehung und Sexualität mit der sozio-ökonomischen Situation von Frauen. Jelinek bildet jedoch keine realistischen Verhältnisse ab. Die Figuren werden karikiert, um eine Reflexion des Lesers über die durch sie repräsentierten Geschlechterbilder anzuregen. Die Karikatur von Geschlechterbildern sowie Imitation und Parodie klischeehafter Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit zielen bei Jelinek darauf ab, die universale Geltung des Themas patriarchale Macht hervorzuheben. Jelineks Kritik ist abstrakter Art. Sie bedient sich vor allem sprachlicher Mittel, um Herrschaftsverhältnisse und ihre stabilisierenden Mythen aufzudecken und zu kritisieren. Streeruwitz geht anders als Jelinek nicht auf die Ursprünge traditioneller Geschlechterbilder ein, sondern schildert die zwangsförmigen Auswirkungen einer an diesen Geschlechterbildern orientierten Sozialisation anschaulich an einer realistischen Frauenbiografie, um die weibliche Wahrnehmung und Erfahrung in der patriarchalisch strukturierten Gesellschaft darzustellen. Während sich die Unterdrückung der Frau bei Jelinek vor allem in der Sexualität zeigte, stellt Streeruwitz gesellschaftliche Normen für weibliche Lebensentwürfe sowie vor allem die Auswirkungen der bürgerlichen Liebesvorstellung als beeinträchtigend für Frauen heraus. Traditionelle Rollenmuster werden Streeruwitz als ungerecht und untauglich kritisiert, durch die Charakterisierung der Hauptfigur Helene wird jedoch das Bild der Frau als körperverhaftetes, naturverbundenes, sensibles und vor allem schwaches Geschlecht bestätigt und positiv besetzt. Durch die einseitige Perspektive werden die Männer dagegen ausschließlich negativ dargestellt. Aufgrund des realistischen Anspruchs des Werks werden die Konstruktionen von ,Geschlecht’ bei Streeruwitz eher bestätigt als dekonstruiert. Berg verarbeitet Themen und Techniken, die in Jelineks und Streeruwitz’ Prosa enthalten sind. Konzeptionell unterscheidet sich Berg Roman von ,Lust’ und ,Verführungen.’ vor allem dadurch, dass auf eine gesellschaftliche Chancengleichheit der Geschlechter aufgebaut wird, die sich auf formaler Ebene in der Multiperspektive zeigt. Während Berg Streeruwitz’ Erzählweise parodiert, werden Jelineks Abstraktionsmerkmale durch die starke Stilisierung der Figuren, den katastrophale Schluss und die ironischen Erzählerkommentare imitiert. Berg zeichnet wie Jelinek keine positiven Geschlechterbilder. Im Gegensatz zu Jelinek dekonstruiert Berg Geschlechterbilder sozusagen plastisch, nicht theoretisch. Sie lässt Vorstellungen von ,männlich’ und ,weiblich’ durch eine Vielfalt an individuell gestalteten Figuren ineinander fließen, so dass gar keine festen Zuschreibungen mehr möglich sind und das soziokulturelle Konstrukt der Geschlechterdifferenz dadurch in Frage gestellt wird. Berg verarbeitet zudem eine homosexuelle Figur. Dadurch wird nicht nur das anatomische Geschlecht, sondern auch sexuelle Orientierungen als irrelevant herausgestellt. ,Geschlecht’ wird bei Berg, wie es in den Gender Studies auch angenommen wird , zu einer von vielen Bestimmungen der Identität. Berg liefert auch auf sprachlicher Ebene einen innovativen Beitrag zur Gender-Diskussion, indem sie den Figuren eine ähnliche vulgäre Sprache verleiht. Dadurch stellt sie die Vorstellung einer spezifisch weiblichen Sprache als nicht haltbar heraus. Nicht zu überlesen ist schließlich auch, dass Berg die Figuren den Menschen „Es“ nennen lässt. Durch dieses Pronomen wird jegliche geschlechtliche Zuschreibung verwehrt.

Item Type: Thesis (["eprint_fieldopt_thesis_type_bachelor" not defined])
Uncontrolled Keywords: Literaturwissenschaft , Geschlechterbilder , Jelinek , Streeruwitz , Berg
Controlled Keywords: Geschlechterforschung
Subjects: Literature
Divisions: School of Linguistics and Cultural Studies > Department of German Studies
Date Deposited: 17 Jan 2013 14:17
Last Modified: 17 Jan 2013 14:17
URI: https://oops.uni-oldenburg.de/id/eprint/361
URN: urn:nbn:de:gbv:715-oops-3917
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