1.5                Wichtung

Eine wichtige Funktion des Programms EATOS besteht darin, durch Aufzeigen der Ressourceninanspruchnahme und des Abfallaufkommens pro Produkteinheit Schwachstellen zur Verbesserung der quantitativen Stoffströme zu identifizieren. Dies ist durch die bisher beschriebenen Eingaben bereits möglich: Materialinput und Umweltfaktor E (Abfall [kg] / Produkt [kg]) werden in der graphischen Ergebniswiedergabe angezeigt.

Die andere bedeutende Funktion des Programms ist der Einbezug der Qualität der verwendeten Substanzen in die Beurteilung einer chemischen Synthese. Die substanzspezifischen Eigenschaften der beteiligten Stoffe bestimmen die potentielle Umweltrelevanz und die Gefährdung für den Menschen. Damit chemische Synthesen auch hinsichtlich dieser Aspekte untersucht und bewertet werden können, werden die quantitativen Stoffströme mit ihren qualitativen Eigenschaften nach einem Programm internen Algorithmus gewichtet. Je problematischer eine Substanz, desto stärker wird ihr Anteil in der Massenbilanz herausgestellt. Dies erfolgt durch Multiplikation der Substanzmenge mit einem substanzspezifischen Belastungsfaktor, kurz mit Q bezeichnet. Dieser substanzspezifische Belastungsfaktor Q kann Werte zwischen 1 und 10 annehmen und setzt sich dabei wahlweise aus u.a. Humantoxizität, Ökotoxizität, Ozonbildungspotential usw. zusammen. Durch Betätigen der Schaltfläche Wichtung (siehe z.B. Abbildung 5) (oder über Bearbeiten) erhält der Benutzer Zugang zu den Wichtungskategorien (Abbildung 22), die größtenteils den aus der Ökobilanzierung entsprechen und mit einer oder mehreren Wirkkategorien repräsentiert werden.

Abbildung 22       Wichtungskategorien

Der Benutzer wählt die Registerblätter der gewünschten Wichtungskategorien aus und trägt zu den bei der Synthese verwendeten Substanzen (vorgegeben: Nr., Name, Typ) die entsprechenden Substanzparameter ein, die als Wirkkategorien für diese Wichtungskategorien fungieren. Die Humantoxizität wird dabei beispielsweise durch den MAK-Wert repräsentiert und die Ökotoxizität durch den WGK-Wert. Auf alternative Substanzparameter, wie z.B. das Gefahrensymbol oder den LC50-Wert, wird in den Fällen zurückgegriffen, wenn MAK-Wert bzw. WGK-Wert nicht existieren. Zu jeder Substanz können nach Betätigen der Schaltfläche frei einzelne Substanzen gezielt angewählt und im Kommentar-Feld Einträge vorgenommen werden, um die Substanzparameter näher zu erläutern und / oder Quellenangaben zu den Daten vorzunehmen. Dabei ändert sich die Schaltfläche frei zu fixiert. Erneutes Anklicken dieser Schaltfläche erzeugt wieder den vorigen Status frei, so daß im Kommentarfeld die Angaben zu den Substanzen erscheinen, über die sich der Cursor befindet. Zu Substanzen, die aus der Substanzliste mit vollem Datensatz importiert wurden (Kap. 1.8.2), liegen die Substanzparameter bereits vor, so daß diese nicht erneut eingegeben werden müssen. Daher empfiehlt es sich, neu eingetragene Substanzen mit ihrem gesamten Datensatz in die Substanzliste zu exportieren (Kap. 1.8.1), damit sie für spätere Anwendungen in anderen Untersuchungen zur Verfügung stehen und einfach importiert werden können. Durch den Aufbau einer Datenbank in Form der Substanzliste wird auf diese Weise eine bequeme Verwendung des Programms EATOS möglich, weil die Daten einer Substanz nur ein einziges Mal eingegeben werden müssen!

Insgesamt gibt es 13 Wichtungskategorien, von denen sich zwei auf den Input der Synthese beziehen und die anderen auf den Output, ausgenommen das Produkt. Die Materialbilanz wird in Form eines Säulendiagramms wiedergegeben. Die Säulen werden mit 'S-1' und 'E' bezeichnet und lehnen damit an zwei von R.A. Sheldon (‘Consider the environmental quotient’, CHEMTECH 1994, 3, 38–47) definierten Kennzahlen an – der Selektivität S und den Umweltfaktor E. Die Selektivität S ist der gewichtsbezogene Quotient von Produkt und Edukten (Substrate), d.h. ein Maß für die Effektivität bei der Umsetzung der Edukte zum gewünschten Produkt. In Anlehnung an diese Kennzahl wird eine inverse Selektivität (S-1), auch als mass intensity bzw. Massenindex bezeichnet, definiert, die allerdings neben den Substraten auch alle weiteren Eingangsstoffe mit einbezieht. Der Exponent bei S-1 zeigt an, daß im Gegensatz zur Selektivität S nicht das Verhältnis von Produkt zu den Eingangsstoffen, sondern die umgekehrte Beziehung bestimmt wird:

Der Massenindex S-1 stellt also den Massenindex pro Produkteinheit dar - den sogenannten Input der Reaktion. Das analoge Verhältnis von Abfall zum Produkt nennt R.A. Sheldon den Umweltfaktor E (environmental factor).

Die Wirkkategorien jeder Wichtungskategorie werden Programm intern den Belastungsfaktoren Q 1 bis 10 zugeordnet. Für die Bestimmung des Gesamtbelastungsfaktors Qgesamt einer Substanz wird ein Mittelwert aus den Q-Werten der gewählten Wichtungskategorien gebildet. Das ist im übrigen auch der Grund dafür, daß alle Wichtungskategorien auf die uniforme Belastungsfaktorenskala 1 bis 10 normiert werden. Die Wahl bestimmter Wichtungskategorien und die Wichtung der Bedeutung der Belastungsfaktoren untereinander kann in der graphischen Ergebniswiedergabe vorgenommen werden, um eine oder mehrere Synthesen hinsichtlich einer oder mehrerer Wichtungskategorien untersuchen zu können (siehe Kap. 1.9.1).

Im folgenden werden die einzelnen Wichtungskategorien kurz erläutert.

 

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