Retz, Mike
(2010)
Die (Re-)Moralisierung von Armut. Funktionalismus des deutschen Unterschichtendiskurses : eine kritische Auseinandersetzung mit der Kulturalisierung von Armut, wie sie u. a. in der Debatte um die „neue Unterschicht“ zu finden ist.
["eprint_fieldopt_thesis_type_bachelor" not defined], Universität Oldenburg.
Abstract
In der sogenannten Unterschichtendebatte von 2006 wurde diskutiert, ob in den vergangenen Jahren eine „neue Unterschicht“ entstanden sei, in der Verwahrlosung, Passivität und Bildungsarmut vorherrsche. Dabei wurde unterstellt, dass die Entstehung dieser „neuen Unterschicht“ auf die Generosität des Sozialstaates sowie einer „Unterschichtskultur“ zurückzuführen sei. Hinter diese Interpretation verbirgt sich eine kulturalistische Deutung materieller Deprivation, die strukturelle Probleme individualisiert und Armut nicht auf ungleich verteilte Ressourcen, sondern auf eine klassenspezifische Mentalität zurückführt. In dieser Arbeit soll untersucht werden, welche Funktionen mit dem Unterschichtendiskurs von 2006 und ähnlichen Debatten verbunden sind. Dabei stehen vier Thesen im Zentrum: Erstens: Die Kategorie der „neuen Unterschicht“ ist ein Rückgriff auf alte Klassifikationen, die in der Bundesrepublik bisher nur eine marginale Rolle gespielt haben. Zweitens: Diese und ähnliche Debatten richten sich an eine zunehmend verunsicherte Mittelschicht, der die „neue Unterschicht“ als Abgrenzungsfolie dient. Drittens: Die zunehmende soziale Unsicherheit hat gleichzeitig disziplinierende Wirkung auf die Mittelschicht. Viertens: Wird mit diese Debatte Entsolidarisierungs- und Individualisierungsprozesse vorangetrieben, die sozialstaatliche Reformpolitik im Sinne einer Aktivierung legitimieren.
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